Wenn zu viel von allem nicht genug ist – Wie wir hören und sehen

Die YouTuberin / Musikerin Mary Spender kündigt ihr Spotify-Abo. Nicht aus Frust oder Enttäuschung, sondern weil sie entdeckt hat, dass sie anders Musik hören will. Zurück zum Album sozusagen. Genauer hinhören. Sich Zeit nehmen für ein ganzes Album. Das freut mich. So faszinierend es auch klingt, das man alle Lieder der Welt in seinem Handy mit sich führen kann, so ist es für mich persönlich auch eine Belastung. Deshalb habe ich mein Apple Music Abo nach drei Monaten Probezeit und kaum genutzt nicht verlängert.

Ich habe damals meine Plattensammlung durch CDs ersetzt, die CDs dann alle gerippt und trage so meine persönliche Musikhistorie von einem Medium zum nächsten. Alben, die mich interessieren, begeistern oder die ich unbedingt brauche, kaufe ich mir.

Als ich Fotograf war, war ich einer der letzten, der sich eine Digitalkamera kaufte. Es war allerdings nicht die Ablehnung der neuen Technik, sondern ein profanes Geldproblem. Aber damals schon konnte ich beobachten, wie einige Kollegen einfach nur auf das Motiv hielten und den Auslöser kaum losließen. Bilder über Bilder. Beliebigkeit wurde zum Normalzustand. Heute, dank der Kamera im Smartphone, wird alles ohne Limit fotografiert und gefilmt. Die Stunden sinnloser YouTube Shorts sind dafür ein Beleg.

Wenn zu viel von allem nicht genug ist – Wie wir hören und sehen - Blogbeitrag über die Beliebigkeit unserer Zeit  - Seifenblasen, die zufällig entstanden / Foto: Markus Hansen
Zufällig entstanden Seifenblasen oder KI? | Foto: Markus Hansen

Zurück zum analogen

Der Grund, warum die Vinyl-Scheibe zurückgekommen ist, könnte genau das sein: Die Menschen wollen bewusster hören. Im Urlaub sah ich einige Leute, die analog fotografiert haben. Die Beschränkung auf ein Album oder auf 36 Bilder ergibt Sinn, besonders in einer Zeit, in der alles überall und jederzeit verfügbar ist. Serien auf Netflix kann sich jeder sofort in Gänze anschauen (Serien-Marathon), auf Spotify sind alle Songs zu hören und will man etwas wissen fragt man das Internet bzw. die KI.

Was würde wohl Walter Benjamin heute sagen, in einer Zeit, in der die KI Musik und andere Künste ohne jede Aura erschafft und es dafür kaum etwas abverlangt? Jede digitale Kopie ist so gut wie das Original. Kein Qualitätsverlust. Was ist ein Original?

Das, was überall und jederzeit verfügbar ist, wird zur Selbstverständlichkeit. Wer geht denn morgens ins Badezimmer und freut sich darüber, dass das Licht angeht? Der Strom ist für uns selbstverständlich, genauso wie das plärrende Radio in der Küche, das fließendes Wasser und das die Bahn zu spät kommt.

Zu dem Selbstverständlichen kommt das Überangebot an allem. Zum Beispiel KI-Slop, ein Angebot – Überangebot – von sinnlosen Zeiträubern, die die sozialen Medien überschwemmen. Beiträge ohne jeden Sinn oder mit politischen Hintergedanken, nur um Profit zu machen oder für Desinformationen. Davon wird dann noch über 50 Prozent von Bots generiert. Absurd.

Es war einmal, …

Musik immer und überall. Filme ohne Ende und eine niemals endende Bilderflut. Das ist der Ist-Zustand. Dazwischen Werbung und Nachrichten. Wie soll der einzelne da bestehen? Sind nicht schon viel zu viele Menschen ohne Smartphone gar nicht mehr denkbar. Wenn ich mich irgendwo umsehe, haben so viele ihr Handy in der Hand ohne es gerade zu nutzen oder mit einer Kordel am Körper, das es in den nächsten Generationen wohl in den Körper integriert sein wird. Kleine Kinder halten sich Spielzeug an das Ohr und spielen Telefonieren oder Tablet. Im Jahre 2007 kam das iPhone auf den Markt und alle jungen Menschen, die danach auf die Welt gekommen sind, ahnen nur, dass es mal eine Zeit ohne Smartphone und Internet gab. Aber sie kennen sie nicht.

Der Kampf gegen die Beliebigkeit ist ein einsamer Kampf. Ich glaube, jeder muss für sich einen Weg finden. Handy-Verbote an Schulen oder Jugendlichen die sozialen Medien zu verbieten, halte ich für aussichtslos. Wir älteren sind als Vorbilder kaum zu gebrauchen bzw. ernst zu nehmen.

Will man wirklich Daniel Ek noch reicher machen? Vielleicht genießt man mal ein Konzert, ohne es zu filmen. Oder verspeist sein Essen ohne es abzulichten. Verrückt, ich weiß.

Hauptsache es rieselt

Es wird bestimmt immer eine kleine Gegenbewegung geben. Menschen, die Musik bewusst hören und sich nicht den ganzen Tag von einer Playlist berieseln lassen, die ein Bot für sie zusammengestellt hat. Leute, die sich nicht von Short zu Short wischen und am Ende nicht wissen, was sie sich angesehen haben, sondern gezielt suchen und konsumieren. Aber was macht der Rest von uns?

Es wird nicht mehr weggehen. Keiner wird das Internet abschalten. Es wird sich wandeln. Vielleicht wird es sich spalten: ein Bot-Internet und ein Menschen-Internet. Macht es denn einen Unterschied, ob ich einen KI-Song höre oder einen schrecklichen Song von Modern Talking? Die Antwort kennt nur Brother Louie.

Den meisten Menschen ist es bestimmt auch egal, womit sie sich berieseln lassen. Hauptsache es rieselt.

So leben wir alle in unseren kleinen Blasen. Ein Algorithmus versorgt uns mit dem, was wir zu sehen oder zu hören glauben zu wollen. Hält uns fern von dem, was wahrscheinlich nicht relevant für uns ist. Immer mehr vom ewig gleichen. Oder wir legen mal ’ne Platte auf und hören zu.


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Alte Männer, die KI und Moneten

Der Diktator in dir

Jeden Morgen, wenn ich DLF einschalte, ist mindestens eine Nachricht über Trump dabei und/oder über Putin. Zwei Männer – alt und weiß – die unter ihrem Ego leiden und uns alle daran teilhaben lassen. Ich habe es schon mal gesagt: Es ist nicht mehr zeitgemäß. Es kann nicht sein, das ein Mann über so viel Macht verfügt, das er tausende oder Millionen in den Tod schicken kann. Das einer bestimmt, was die Bevölkerung denken soll. Der Trend geht wieder zu den starken Männern, aber das ist bescheuert. Kein Land der Welt sollte sich dem Willen eines einzelnen unterwerfen. Da ist kacke.

Nicht nur in der Politik

Spotify bestimmt den Musikmarkt, Amazon den Einzelhandel, Meta den Werbemarkt oder was auch immer und wir kleinen Würstchen stehen da und staunen. Wir werden ausspioniert und manipuliert. Die Medien, besonders die neueren, haben die Aufgabe uns auf Linie zu bringen. Auch hier konzentriert sich die Macht auf einige wenige. Die ihre Macht nicht in den Dienst des Bürgers stellen. Sie nutzen sie um andere zu verunglimpfen. Siehe Wärmepumpen und Habeck oder das Bürgergeld. Die Welt wird von den Mächtigen als Torte gesehen und jeder will das größte Stück davon haben. Einer von ihnen, Warren Buffet sagte 2006:

Es herrscht Klassenkrieg, richtig, aber es ist meine Klasse, die Klasse der Reichen, die Krieg führt, und wir gewinnen. (4)

Ob Aktienkrise, Krieg oder Klima, der Reichtum der Mächtigen kennt nur eine Richtung und das ist nach oben. Er wächst und wächst und wächst und … – es ist klar was ich meine. Noch mal Warren:

„Wenn du dir die Forbes-Liste aus dem Jahr 1982 anschaust, hatten die 400 vordersten Plätze ein Gesamtvermögen von 93 Milliarden Dollar“, so Buffett. Heute seien es 2,4 Billionen. „Diese Wohlstandsvermehrung ist eine unverhältnismäßige Belohnung der Reichsten.“ Warren Buffet (5)

Auffällig ist auch der geringe Anteil von Frauen bei diesem ganzen Geschachere und so scheint der Sieg der alten, weißen, reichen Männer unaufhaltsam. Das nächste große Ding für die weißen, alten Männer sind die KI.

Die KI macht. Aber warum?

Die KI ist möglicherweise genauso eine Seifenblase, wie damals das gute, alte Internet. Wie damals, denkt jeder, wenn er den Begriff KI nur häufig genug benutzt ist er up to date. Hat sich das Leben von uns kleinen Menschen wirklich verbessert, seit es das Internet gibt? Um es mit Reg von der Volksfront von Judäa zu fragen: Was hat das Internet oder die KI je für uns getan?

Ich muss keine CD/DVDs mehr kaufen.
Ja, das stimmt. Trotzdem ist Musik nicht günstiger geworden. Reich werden nur, wie vorher auch, die ganz oben. Der Spotify CEO Daniel Ek verdient im Jahr 3.942.660.009,00 € (1). Ob das stimmt? Keine Ahnung, aber das reicht zum Leben.

Was bekommt so ein normaler Musiker von Spotify im Jahr? Die KI sagt: 68 % verdienen weniger als einen Euro pro Jahr durch Streaming. Das reicht in keinem Land zum Leben.

Ich muss nicht mehr in volle Läden gehen, um etwas einzukaufen.
Auch richtig, aber dafür sterben die Innenstädte. Es gibt tausende Paketboten, die unter beschissenen Bedingungen arbeiten müssen und das Geld fließt auch zum größten Teil wieder nur zu den Wohlhabenden.

Zurück zur KI

Was ist ihr Nutzen? Sie macht kitschige Bilder wie mit Apple Playground, Musik mit Suno oder Videos mit Hailuo. Aber ist das wirklich nützlich? Das, was die Menschen ausmacht, ist doch ihre Kreativität. Wozu braucht es also eine Maschine, die das macht, was wir gerne machen? Soweit ich das beurteilen kann, haben viele Menschen Spaß daran, etwas zu erschaffen. Die Antwort sind vier Buchstaben: GELD. Die Firma OpenAI ist zur Zeit 500 Milliarden Dollar wert, macht aber Milliarden Verluste.

Ich als KI-Bild
Das hat Apple Playground aus einem Foto von mir gemacht. Im Prompt habe ich geschrieben, es soll Rauch aus der Pfeife und den Ohren kommen. das hat ja toll geklappt.

Die KI bereitet den kreativen Berufen aber mehr Kopfschmerzen und Existenzängste als anderen. Synchronsprecher oder Schauspieler könnten obsolet werden. Autoren brauchen sich kaum mehr auszudenken als ein Prompt, das gilt auch für Musiker, Maler, Journalisten, Programmierer, usw.

Also sehr viele Menschen sehen für ihre berufliche Zukunft schwarz. Die Betreiber von Contentabhängigen Plattformen hingegen freuen sich.

Content, Content, Content 

Spotify füllt seinen Katalog mit KI-Musik und KI-Bands auf. Das Internet wird von KI-Slop geflutet, um Content für dusselige Bots zu generieren, die sich dann darüber aufregen. Alles nur, damit Du die ganze Zeit an Deinem Bildschirm klebst und Dir das anschaust. Denn nur, wenn Du ganz lange bei den Plattformen bleibst, gibt es von den Werbeleuten das, worum es eigentlich geht. Rate mal. Aber kann die KI irgendwem den Arsch säubern? Mein Auto reparieren? Den Müll hinuntertragen? Nein. Das, was kaum jemand gerne macht, das kann die KI nicht. Unpraktisch.

Hinzu kommt noch, das ChatGPT grandiose Fehler macht. Das kann und wird sich bestimm noch ändern, aber was kommen dann für Fehler? Zurzeit ist es für einige KI schwer von 100 bis 90 rückwärts zu zählen.(2) Menschen in Madagaskar, die für einen Hungerlohn der KI beibringen, was ein Schwan oder eine Schusswunde ist, sind bestimmt auch froh, in dieser glanzvollen Welt im Schatten bzw. im Dreck zu sitzen und andere damit reich werden zu lassen. Goldgräberstimmung beschreibt es ganz gut. Hier im reichen Westen erzählt man uns, was die KI alles kann oder können soll und wird. In den armen Ländern umkreisen die Leute an ihrem Laptop Katzen oder Menschen für die KI. Das ist Zukunft – für die Reichen.

Meine Erfahrungen mit der KI sind rudimentär, ich mache Videoschnipsel, die oft nicht so aussehen, wie ich es mir gedacht habe. Aber das ist offensichtlich meine Schuld, weil mein Prompt nicht genau genug war. Oder? Trotzdem frage ich mich: Wer in der KI den Rest, den ich nicht formuliert habe, entscheidet. Es ist Willkür, irgendwie. Hier ist ein kurzes Video und  der Prompt dazu:

„The man takes a large anchor, a painting, the Mona Lisa, a piano and an elephant out of the dumpster and puts everything next to him on the street.“ Das war mein Prompt für den KI-Video-Generator von https://hailuoai.video und das ist das Ergebnis.

Wieso kommt der Anker die Straße entlang?

Beitrag zu meinem Musikvideo „Ersetzt“, indem ich auch noch einige Schwachstellen zeige.

Zuckerberg schließt eine KI-Blase nicht aus, will aber nicht daneben stehen und riskiert ein paar 100 Milliarden, denn:

„Wenn ein Unternehmen zu langsam ist und eine künstliche Superintelligenz früher als erwartet entstehe, werde es bei der meiner Meinung nach wichtigsten Technologie, die die meisten neuen Produkte, Innovationen, Wertschöpfung und Geschichte ermöglicht, ins Hintertreffen geraten.“ (3)

Es sind alle nur auf der Jagd nach dem Geld und keiner will etwas verpassen: Ob da nun wirklich etwas sinnvolles entsteht, oder nicht, wird uns bald eröffnet. Die neue Superintelligenz ist bald da und die sagt dann bestimmt: 42.


Quellen

  1. https://wageindicator.de/lohn-gehalt/vip-gehalter/daniel-ek#:~:text=Gehalt%20Daniel%20Ek&text=Net%20Worth%202024%3A%20%244.6%20B,rise%20compared%20to%20last%20year)
  2. https://youtu.be/jiuw7Pkt5h4?si=2DP7bdxjrcv3izre
  3. https://www.heise.de/news/Mark-Zuckerberg-haelt-Platzen-der-KI-Blase-fuer-moeglich-10667274.html
  4. https://www.zlv.lu/db/1/1433579424257/0
  5. https://www.welt.de/wirtschaft/article166023353/Warren-Buffett-Das-wahre-Problem-sind-Menschen-wie-ich.html
  6. https://www.handelsblatt.com/technik/it-internet/kuenstliche-intelligenz-openai-koennte-dieses-jahr-bis-zu-fuenf-milliarden-dollar-verlust-machen/100074305.html

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