Lasst uns Zuckersteuer zahlen, bitte!

Steuern zahlen ist immer unerfreulich. Besonders beim Tanken, der Benzinpreis besteht zu 71 Prozent aus Steuern. (1) Durch diese Abgaben hat der Staat die Möglichkeit, aus einem bestimmten Verhalten seiner Bürger zusätzliche Einnahmen zu generieren. Ein gutes Beispiel ist der Zigarettenpreis.

„Eine Schachtel mit 20 Zigaretten einer gängigen Premiummarke kostet in Deutschland derzeit etwa 6,40 Euro, was 32 Cent pro Zigarette entspricht. Laut des Deutschen Zigarettenverbands (DZV) kommen dabei zwei Drittel des Preises für einen Glimmstängel der Staatskasse in Form von Tabak- und Mehrwertsteuer zugute… „(2)

Der Staat verdient an der Sucht der Raucher und bei jeder Autofahrt ordentlich mit. Die Tabaksteuer soll die Raucher davon abhalten ihre Gesundheit zu ruinieren. Wenn das nicht klappt, dann unterstützen sie das Gesundheitswesen mit ihren Steuern. Und jetzt die Frage:

Wieso gibt es keine Zuckersteuer in Deutschland?

Die Anzahl der Diabetiker steigt jedes Jahr immens und die daraus resultierenden Kosten sind ebenfalls hoch. Durch die Einnahmen der Zuckersteuer könnte das zusätzliche Geld für die hohen Kosten der Behandlung von Diabetes und dessen Begleiterscheinungen genutzt werden. Aber besser wäre es, das Übel an der Wurzel zu packen – ihr ans Bein zu pissen – und die Hersteller dazu zu bringen, weniger Zucker in Ihre Limonaden und in die Fertigprodukte zu stopfen. Das wäre eine erfreuliche Nebenwirkung.

„In Deutschland gibt es aktuell mehr als 7 Millionen Menschen mit Diabetes. Dies ist eine Steigerung um 38 Prozent seit 1998. Altersbereinigt beträgt die Steigerung immer noch 24 Prozent.

Pro Jahr kommen mehr als 500.000 Neuerkrankungen hinzu. Das entspricht etwa 1500 Neuerkrankungen pro Tag.“ (3)

Verdient man am Verkauf von Medikamenten zur Behandlung der Diabetes mehr Geld als an einer Zuckersteuer? Zahlt die Lebensmittelindustrie bzw. die Pharmaindustrie so hohe Parteispenden? Ist die Anzahl an fettleibigen Menschen noch nicht hoch genug? Warum keine Zuckersteuer? Eine Antwort auf diese Frage hat die stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Gitta Connemann 2017 gegeben.

„Die Forderung nach einer Zuckersteuer ist vielleicht plakativ. Und die martialische Öffentlichkeitsarbeit hilft Foodwatch wahrscheinlich dabei, Spenden einzusammeln. Aber Zuckersteuern können das Problem nicht beheben. Das ist Augenwischerei. Laut den Experten der WHO sind Erhebung und Implementierung schwierig. Häufig schreckt die Steuer aber auch nicht ab oder Verbraucher weichen auf andere Produkte aus. Eine wirkliche Veränderung des Ernährungsverhaltens findet nicht statt. Aber genau darauf kommt es an. Bewusster essen, mehr Bewegung und Schlaf etc. – das klingt verstaubt. Aber wer so lebt, wird wahrscheinlich nicht dick werden.

Denn die brutale Wahrheit ist: Wer zu viel isst, nimmt zu. Egal, woher die Kalorien kommen – durch zu viel Zucker, zu viel Fleisch, zu viele Nudeln oder zu viel Brot. Will Foodwatch demnächst das alles besteuern? Das wäre der Start in eine Verbotspolitik, die wir als Unionsfraktion nicht wollen.“ (4)

Ich mag Foodwatch. Die CDU/CSU nicht so.

Wow! Und WHO! Die WHO fordert doch eine Zuckersteuer. (5) Schade ist auch, dass wir mit den „verstaubten“ Ansichten von Frau Connemann nur wahrscheinlich nicht dick werden. Sehr wahrscheinlich werden wir aber dick, wenn die Industrie in ihrer auf Eigenverantwortung begründeten Selbstverpflichtung weiterhin Zucker in alles steckt, als gäbe es kein Morgen. Dick sein/werden kostet aber auch nicht sooo viel.

„…entstehen aufgrund von Fehlernährung für das deutsche Gesundheitssystem jährliche Kosten in Höhe von 16,8 Milliarden Euro. Berücksichtigt sind dabei nur die direkten Behandlungskosten, nicht aber indirekte Kosten wie Arbeitsausfall, Kurbehandlungen und Invalidität.“ (6)

Peanuts! Und sonst? Hat ein Land mal eine Zuckersteuer eingeführt und getestet? Ja? Aber ohne Erfolg, denn Steuern sind ja nicht hilfreich bei diesem Thema, oder? Ungarn! Jetzt kommt ein langes Zitat:

„Ungarn ist ein erstklassiges Beispiel dafür, welchen Beitrag die gezielte Besteuerung im Kampf gegen nichtübertragbare Krankheiten leisten kann. 2011 führte Ungarn eine Gesundheitssteuer ein, die den Verzehr ungesunder Lebensmittel verringern und gesunde Ernährung fördern sollte. Die Gesundheitssteuer erfasste acht Produktgruppen: zuckerhaltige Kakaopulver, Energiegetränke, Saucen, Marmeladen und alkoholische Getränke, salzige Knabbereien, Limonaden und Sirupe.

Der Einsatz von Steuern zur Prävention nichtübertragbarer Krankheiten und zur Finanzierung nationaler Gesundheitspolitik wird neben weiteren bewährten Maßnahmen gegen die zunehmende Belastung der Gesellschaft durch diese Erkrankungen eines der Themen der Konferenz sein. Immer mehr Länder aus der Europäischen Region der WHO verfolgen diesen Ansatz und erzielen damit hervorragende Ergebnisse.

Vier Jahre nach Einführung der Steuer wurde ihr Erfolg bewertet und es zeigte sich deutlich, dass der Konsum der besteuerten Produkte nachhaltig zurückgegangen war. Der Untersuchung zufolge hatten die meisten Verbraucher (zwischen 59% und 73%) den Konsum der entsprechenden Produkte reduziert. Von ihnen wählten über zwei Drittel gesündere Alternativen wie Mineralwasser, frisches Obst und Gemüse, selbstgemachte Süßigkeiten und frische Kräuter und Gewürze.“ (7)

Und jetzt Frau Connemann? Ein Bundeszentrum für Ernährung schaffen (4), um die Bevölkerung zu informieren. Das ist eine originelle Idee. Würden die dann ein Flyer herausbringen mit wunderbar verstaubten Vorschlägen, der dann von den Bürgern vor Ort abgeholt werden muss? Die Zuckersteuer ist sinnvoll und richtig und das es sie in diesem Land nicht gibt ist nicht zu verstehen.

Aber, jeder kann der Lebensmittelindustrie den Finger zeigen und deren Produkte auch jetzt schon meiden. Die Frage ist doch, wo ist der Unterschied zum Tabak? Rauchen macht krank, also Steuern rauf. Zucker macht krank, also…


Quellen

  1. https://de.statista.com/statistik/daten/studie/29999/umfrage/zusammensetzung-des-benzinpreises-aus-steuern-und-kosten/
  2. https://de.statista.com/infografik/14067/preiszusammensetzung-einer-zigarette/
  3. https://www.diabetesde.org/ueber_diabetes/was_ist_diabetes_/diabetes_in_zahlen
  4. https://www.cducsu.de/presse/pressemitteilungen/strafsteuern-loesen-das-diabetes-problem-nicht
  5. https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/70876/WHO-Report-begruendet-Forderung-nach-Zuckersteuer-und-Subventionen
  6. https://www.bundestag.de/resource/blob/480534/0ae314792d88005c74a72378e3a42aec/wd-9-053-16-pdf-data.pdf
  7. http://www.euro.who.int/de/health-topics/noncommunicable-diseases/pages/news/news/2017/10/using-taxes-to-beat-ncds-success-story-in-hungary

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