Ich schaue fern ist das neue Musikvideo zu dem gleichnamigen Song. Das Elend dieser Welt wird uns nach Hause geliefert und wir schauen den Menschen über ein 110 Zoll Fernseher dabei zu, wie sie ertrinken, flüchten, verhungern oder leiden. Wenn es zu krass wird oder es uns schon langweilt, schalten wir um. Abgestumpft wie wir sind, beschäftigen wir uns lieber mit Rate-Shows, GNTM, DSDS oder was den kleinen Hirnen der Programmgestalter sonst noch so einfällt. Es ist ein Trauerspiel.
Für dieses Video reisten wir um die ganze Welt, nach Afghanistan, Afrika, China, Pakistan und eben auch Deutschland. Das Elend ist leider überall zu Hause.
Der Text zu: Ich schaue fern
Ich schaue fern, Und bin entspannt lieg auf dem Sofa Chips in meiner Hand Ich schaue fern, Mord und schöne Frauen wofür die Leute töten immer herrlich anzuschauen Ich schaue fern, ein Quiz und der verliert was ich nicht weiß hat mich wirklich fasziniert Ich schaue fern, die kochen da so gern man kann nichts schmecken und kochen liegt mir fern
Die ganze Welt Das ganze Leben Aus jedem Land fließt direkt zu mir nach Hause Das ganze Elend Der ganze Mist Der ganze Scheiß Tag für Tag und ohne Pause
Ich schaue fern, Männer fahren im Kreis verpesten unsere Luft was fürn Scheiß Ich schaue fern, Kinder im Dreck die Welt sieht zu und alle schauen weg Ich schaue fern, Leute reden auf mich ein alle zu gleich, was soll das wohl sein Ich schaue fern Fluten hier, Waldbrand da Bald auch vor meiner Tür das war ja klar Ich schaue fern, die suchen ein Talent wer guckt sich so ein Scheiß an, promt bin ich kurz eingepennt Ich schaue fern, Frauen die ganz gut aussehen heulen, streiten, zicken – müssen über n Laufsteg gehen Ich schalte ab, das ist mir echt zu viel mein Leben ist zu kurz und fernsehen hat kein Stil Ich stehe auf und geh mal vor die Tür, da draußen tobt das Leben und ich geh jetzt zu dir.
Mein Einkauf ist beendet. Während ich den Einkaufswagen wegstelle, stehen zwei Frauen, die sich länger Zeit nicht gesehen zu haben scheinen, im Weg und ich höre:
„Ja, es ist langsam mal genug“ „ …und es ist ja nicht zu verstehen, die Leute fliegen nach Mallorca und hier machen die die Wirtschaft kaputt.“ „Das ist alles nicht mehr zu begreifen,…“ „Und die zerstören die Zukunft unserer Kinder!“
Ich bin schon außer Hörweite. Denke an die Zukunft. Kann man Zukunft überhaupt zerstören, so per se? Ich bin bepackt vom Einkaufen, meine Zukunft – der Weg nach Hause – liegt vor mir. Kann ich das zerstören? Ich weiß es nicht.
Vor kurzem gab es eine Diskussion, das Menschen, die gegen Corona geimpft sein würden, Privilegien bekommen sollten. Es stellte sich heraus, das es zu wenig Impfstoff gab, um diesen Menschen die undurchdachte Privilegien zu gestatten. Jetzt gibt es eine Diskussion, das Hausärzten impfen sollen, was nur sinnvoll ist. Auch hier kristallisierte sich heraus, das zu wenig Impfstoff vorhanden ist, um ihn an die Praxen zu verteilen. Debatten um der Debatte willen?
Verrückte Regelungen
Ein Gericht in Hamburg hat entscheiden, das es einem Jogger – dem Kläger – erlaubt ist, ohne Maske um die Alster zu joggen, aber eben nur ihm. Die anderen müssen eine Maske tragen, es sei denn, sie klagen ebenfalls.(1) Ob es eine Sammelklage geben wird?
Ein anders Urteil befreit einen Vater von der Maskenpflicht auf dem Spielplatz (3), auch nur ihm, solange keine andere Familie auf dem Spielplatz erscheint. Dafür brauchen wir Gerichte, um den gesunden Menschenverstand ausschalten zu können?
Gartencenter und Buchhandlungen dürfen öffnen, aber Schuh- und Elektroläden nicht. Wo ist der Unterschied? Donut-Läden haben auf, Musikalienhandlungen nicht. In Hamburg haben Baumärkte zu – außer für Gewerbetreibende – in Schleswig-Hollstein haben sie auf. Tübingen macht alles wieder auf – nach dem ein Schnelltest gemacht wurde kann man mit einem Ticket einkaufen gehen – bittet aber auf Tagestourismus zu verzichten. (4) Ich verstehe das alles nicht mehr. Warum ist in Australien, Taiwan und in Neuseeland alles wieder normal und bei uns passiert irgend wie nichts? Das sind auch Demokratien!
„Taiwan hat es in der Pandemie geschafft, die Demokratie zu stärken: Satt den Bürgerinnen und Bürgern von oben herab zu sagen, was sie zu tun haben, haben wir sie dazu eingeladen, mitzumachen. Das wunderbare an der Demokratie ist doch, das Menschen die Freiheit haben, neue Sachen auszuprobieren, und ihre Innovationen dann für eine ganze Gesellschaft implementiert werden können. Deswegen ist es eine gute Zeit, um die Demokratie zu stärken, solange die Regierung nicht einfach immer weitere Lockdowns von oben verordnet. Wir verstehen die Pandemiebekämpfung als Partnerschaft von Bürgerinnen und Bürgern, Unternehmen und Staat, in der die Bürgerinnen und Bürger die Logik hinter den Maßnahmen verstehen und dem CECC [Central Epidemic Command Center – Anm. des Autors] jederzeit bessere Strategien empfehlen.“
Audry Tang, Digitalministerin, Taiwan
Zu Weihnachten gibt es Lockerungen
Wenn wir uns mal auf einen Weg verständigen könnten. Oder auf einen Experten, der uns durch die Krise führt. Statt dessen haben wir 17 Wege, hundert Experten und viele dieser Wege sind mit Wahlkampfplakaten geschmückt. Dazu kommt noch die dummdreiste Vorstellung von Politikern jeder Farbe, der Bürger sei ein Kleinkind und man könne ihn mit Versprechen auf Lockerungen zu Weihnachten, Sylvester, Ostern und jetzt den Sommerurlaub auf Linie halten. Wenn Du brav sitzen bleibst bekommst Du ein Eis. Unfassbar.
Vor ziemlich genau einem Jahr hatten wir 16.960 Infektionen an einem Tag und alles war geschlossen. Nach einem Jahr Masken tragen, Kontaktbeschränkungen, geschlossenen Geschäften und den anderen Maßnahmen haben wir heute 16.033 Neuinfektionen (RKI bzw. Deutschlandfunk vom 20.3.2021). Stillstand?
Vertrauen in die Politik?
Es gibt zu wenig Impfstoff, zu wenig Tests, Politiker aus Parteien, die das Wort Christlich im Namen führen, die ausgerechnet jetzt ihren Geschäftssinn beweisen müssen, zu viele Talkshows und Brennpunkte. Die Frage, wo sich die Menschen infizieren ist immer noch unklar. Die EU hat sich ordentlich Zeit gelassen mit Bestellung und Zulassung der ersehnten Spritzen in die Normalität. Dann macht die Bundeskanzlerin auch noch einen Fehler und kaum hat sie sich entschuldigt, fordert Jens Spahn in einer Online-Veranstaltung:
„…es brauche mindestens 10 bis 14 Tage „richtiges Runterfahren der Kontakte und der Mobilität“. Den Menschen in Deutschland riet Spahn, „im Zweifel auch mehr als die staatlichen Regeln“ umzusetzen.“
DLF 26.3.2021
Alle Bundesländer scheinen ihre eigenen Regeln zu offerieren und statt das immer gleiche wirkungslose Mittel immer wieder neu zu verschreiben, wäre es an der Zeit, von den oben genannten Ländern zu lernen.
Wir starren auf Zahlen die uns helfen sollen, die Gefahr einzuordnen. Am Anfang waren es Neuinfektionen und Todesfälle und jetzt ist es der Inzidenzwert. Dieser sollte uns ab 35 glücklich machen, dann doch 50 und nun zieht jemand ab 100 die Notbremse. Vielleicht kann das beliebte Tarifsystem der Deutschen Bahn bei der Pandemie helfen?
Am Wochenende sollten alle Läden und Kultureinrichtungen öffnen, denn da sind die Zahlen schön niedrig. Alle Personen ab 65 dürfen am Montag von 8-13 Uhr einkaufen mit Maske und Abstand. Am Dienstag die 18-64 Jährigen und am Mittwoch und Donnerstag ist Lockdown für alle, da steigen die Zahlen wieder. Am Freitag ist Impftag für alle, die einen Termin bekommen haben und sich verschieden farbige Socken anziehen, außer gelbe Socken und in einem Bundesland wohnen, das einen Doppelnamen hat. Es sei denn, es ist ein Monat mit 31 Tagen.
DIE ZEIT – No 12 – 18. Mörz 2021 -Seite 9 – „Wir hatten nie einen Lockdown“ Interview mit Audrey Tang
Weitere Bilder gibt es auf der mhblog-Seite und wer mit mir in Kontakt treten möchte, kann das hier tun. Viel Spaß.
OBACHT!
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