Komplex und frustrierend

6. Februar 2022 | Markus Hansen

Ich sitze am Küchentisch und fabuliere über die Welt. Warum essen Menschen Tiefkühlpizza? Warum stellen Menschen Tiefkühlpizza her, wenn diese doch zu den ungesunden Nahrungsmitteln gehören? Am Ende, und das ist nicht besonders überraschend, ist die Antwort: Geld. Das Leben ist komplex und frustrierend.

Warum fahren an meinem Fenster jeden Tag tausende von Autos vorbei, obwohl das dem Klima nicht zuträglich ist? Warum machen wir – ich meine uns alle – einfach weiter? Es liegt nicht daran, das wir es nicht verstehen oder nicht wollen. Keiner möchte, das Schweine, Rinder, Hühner in ihrer eigenen Scheiße stehen, vollgepumpt mit Antibiotika und ungesundem Sojafraß. Den wir aus Südamerika beziehen, wo wir vorher die Wälder roden und damit den dort lebenden Tieren und Menschen die Heimat entziehen. Oder will das jemand?

Die Werbung verkauft uns doch jeden bescheuerten Joghurt so, wie wir es wollen sollten. Auf einer Alm, glückliche, gesunde Kühe. Eine hübsche Frau rührt in einer ästhetischen Umgebung unseren Joghurt an, blablabla. 

Ich will das nicht. Deshalb esse ich weniger Fleisch. Aber das merkt ja keiner – außer mein Körper. Es ist auch nur mein Körper, der es merkt, wenn ich Fahrrad statt Auto fahre. Überhaupt, bin es meist nur ich, der etwas davon merkt. Bei den Millionen von Hühnern, die jedes Jahr geschlachtet werden, fällt mein „nicht“ essen gar nicht auf. Die sind trotzdem Tod. 

Das frustriert. Ich rette den Planeten und der merkt das nicht. Ich verschone die Tiere und auch die merken das nicht. Niemand merkt irgend etwas. Das ich Sodastream statt  Mineralwasser in PET-Flaschen nutze, macht den Berg von Plastikmüll auch nicht kleiner. 

Zerdrückte Plastikflaschen in einem Plastiksack

Die Welt ist komplex. Zu komplex für mich alleine. Alles hängt zusammen und trauriger Weise ist das „weiter so“ spürbarer als das verzichten – oder auch nicht. Ich glaube, das „weiter so“ wird uns noch zu lange begleiten. Denn welcher von unseren Politikern sollte es denn sein, der aufsteht und sagt: „Wir ändern das jetzt!“ Wir könnten ganz klar definieren, was wir wollen und was wir nicht wollen. Aufgrund dieser Definition, wird dann das teuer bis unbezahlbar was wir nicht wollen und das günstiger, was wir wollen.

Benzin und Diesel werden teuer, weil wir sie nicht mehr wollen. Alles mit Zucker wird teurer. Fleisch wird teuer, weil wir das, besonders in dem jetzigen Auswüchsen, auch nicht wollen. Gemüse, Bus und Bahn und  Ökostrom werden günstiger. 

Wann soll das geschehen? 

Wohl erst dann, wenn es zu spät ist. Denn ich lese, höre und sehe viel vom Klimawandel und/oder der Klimawende aber passiert auch etwas? Wie lange hat es gedauert, bis die Plastiktüte und das Plastikgeschirr verboten wurden? Jetzt hat die EU entschieden, das Atom- und Gaskraftwerke als nachhaltig einzustufen 1 sind, damit sich noch Investoren finden, die in diesem Bereich ihr Geld verbrennen können. Waaas?

Wenn sich Verhalten ändern soll – und sogar mit Deadline 2 – dann muss es dafür den gleichen Anreiz geben, der Leute dazu bringt Tiefkühlpizza zu essen. Es muss sich lohnen und es muss daran verdient werden können. Ich weiß, das trifft auf die Pizza nicht unbedingt zu. Allerdings spart man Zeit, sie belastet die Haushaltskasse nicht allzu stark und sie macht satt. Das gilt als „sich lohnen“.

Ich resümiere: Zur Zeit ist nicht viel zu merken von Klimawende, außer Worte und Versprechen. Die Welt und das Leben im allgemeinen und im besonderen sind extrem komplex und der einzelne erscheint zu einzig um mit seinem Verhalten sichtbare Veränderungen auf den Weg bringen zu können. Es scheint, als begreifen und verstehen wir nicht, als ignorieren und verharmlosen wir die Klimaproblematik. Das zeigt auch wunderbar der Artikel von Jonathan Safran Foer in der Zeit 3

Das Problem ist da. Wir wissen das. Wir sehen das. Jetzt sollten wir langsam anfangen unser Leben zu ändern. Jeder einzelne.


  1. https://www.zeit.de/politik/ausland/2022-02/eu-kommission-stuft-atomkraft-und-gas-als-nachhaltig-ein?utm_referrer=https%3A%2F%2Fwww.google.com%2F
  2. https://www.bundesregierung.de/breg-de/themen/klimaschutz/klimaschutzgesetz-2021-1913672
  3. DIE ZEIT, No 52, 16. Dezember 2021, Seite 57 „Höhere Gewalt“ von Jonathan Safran Foer

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Und noch einer!

Es sind so viele, das es unmöglich erscheint sich diese Zahl vorzustellen. 2.800.000.000 (1) Plastikbecher pro Jahr. 2,8 Milliarden. Kann ich damit ein Fußballstadion füllen? Den Mond bedecken? Ein Kreuzfahrtschiff zum Sinken bringen?

Un noch einer. Plastikbecher in einem Mülleimer.
Und noch einer mehr auf den Haufen. Zu viele davon. Absolut zu viele davon. Foto: Markus Hansen

Es ist gut, das es Alternativen gibt, aber reicht das? Seit dem 3. Juli sind viele Plastikteile verboten (2), aber ob das greift? Das Umdenken dauert oft so lange, und wie das Bild zeigt gibt es noch jede Menge von diesen Problemfällen.


  1. https://m.tagesspiegel.de/politik/2-8-milliarden-einwegbecher-im-jahr-coffee-to-go-soll-bald-ohne-muell-funktionieren/24365980.html
  2. https://www.bundesregierung.de/breg-de/themen/nachhaltigkeitspolitik/einwegplastik-wird-verboten-1763390

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